Projekt „Alles was Recht ist!“
2 Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung für das Mitführen eines Joints – ein Urteil, das einen im ersten Moment als eher hart erscheint, angesichts der 24 Vorstrafen bzw. Einträge im Bundeszentralregister, die der Angeklagte seit 1977 bis heute „gesammelt“ hat, jedoch wenig überrascht.
Dies war eine von drei Gerichtsverhandlungen am Amtsgericht Würzburg, die die 16 Teilnehmer am Projekt „Alles was Recht ist!“ besuchen konnten. Oberstaatsanwalt Dr. Hubert Stühler nahm die Gruppe nach der aufwändigen Einlasskontrolle, die den Sicherheitschecks am Flughafen gleicht, im Eingangsbereich des Gerichtsgebäudes in Empfang. Die Zeit bis zum Beginn der Gerichtsverhandlungen nutzte er, um den Schülern aus der 10. bis 12. Jahrgangsstufe den Ablauf einer Gerichtsverhandlung vorzustellen, die Sitzordnung im Sitzungssaal sowie die beteiligten Personen zu erklären, das Verhalten im Gerichtssaal zu erläutern und die Schüler in die nun folgenden Gerichtsfälle, bei denen er jeweils die Staatsanwaltschaft vertrat, einzuführen.
In allen drei Fällen ging es um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der erste Angeklagte saß in U-Haft als „Ungehorsamshaft“, da er zum letzten Gerichtstermin nicht erschienen war. In der Verhandlung war er jedoch geständig und räumte alle Anklagepunkte – unerlaubter Drogen- und verbotener Waffenbesitz – ein. Da er aktuell nicht mehr drogenabhängig ist und ihm eine positive Sozialprognose zugestanden wurde, setzte der Richter die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe von 4 Monaten unter Auflagen wie 120 Sozialstunden zur Bewährung aus. In der letzten Strafverhandlung wurde neben den üblichen Zeugen, den Polizeibeamten, noch ein Drogendealer vernommen, der sich zur Zeit im Drogenentzug in der geschlossen Abteilung des Bezirkskrankenhauses befindet und doch erhebliche Gedächtnislücken aufwies, die wohl auf seinen eigenen Drogenkonsum zurückzuführen sind. Aufgrund von nicht verwertbaren Beweisen aus einer Telefonüberwachung wurde letztendlich das Strafverfahren gegen den Angeklagten gegen Zahlung von 1200 € an einen gemeinnützigen Verein eingestellt. So waren alle drei Verhandlungen auf unterschiedlicher Weise für die Schüler äußerst interessant und lehrreich.
Am zweiten Projekttag stand Oberstaatsanwalt Dr. Stühler den Schülern in der Schule zur Nachbesprechung der besuchten Gerichtsfälle noch zur Verfügung, beantwortete Fragen und räumte mit gängigen Irrtümern über die deutsche Strafjustiz auf. So gibt es z.B. keine 12 Geschworenen in deutschen Strafverfahren, sondern gegebenenfalls Schöffen.
An dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. Stühler nochmals für die intensive Begleitung bei diesem aufschlussreichen Projekt danken.
Gerlinde Eidel