Herstellung von Biokunststoff

Die Schülerinnen und Schüler lässt der Gedanke nicht los, dass die grassierende Plastikvermüllung, vor allem unserer Gewässer, ein Problem darstellt, das angepackt werden muss. Dramatische Bilder und Berichte sowohl von Microplastik, von Plastik- bzw. Kunststoffabfällen als auch von Tieren, die an dem Müll verendet sind, haben Aufmerksamkeit erzeugt. Deshalb wurden biobasierte Kunststoffe nochmals genauer beleuchtet:  Sollten Lebensmittel wie Stärke zu Kunststoff verarbeitet werden, wenn Menschen in anderen Länder Hunger leiden?

Daraus entstand die Idee einen Biokunststoff selbst herzustellen; die Wahl fiel auf einen Kunststoff aus Milch. Ein Milch-Essig-Gemisch wurde mit Lebensmittelfarben angefärbt und vorsichtig erwärmt, eine grobkörnige, gummiartige Masse konnte nach ein paar Arbeitsschritten gewonnen werden. Die Masse ist Casein, tatsächlich hat sich ein Art Kunststoff gebildet.

Mit Begeisterung produzierten die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Kunststoff und kneteten aus der Masse verschiedene Kreationen. Aber wozu kann man den Biokunststoff nun wirklich nutzen? Klamotten aus Milch? Tatsächlich verarbeitet ein junges Start-up-Unternehmen Milchabfälle, die wohlgemerkt nicht mehr für als Lebensmittel verwendet werden dürfen, zu Kunstfasern.

 

Bereits im 16.Jahrhundert wurde ein erstes Rezept für einen solchen Casein-Kunststoff niedergeschrieben, irgendwie sind solche Biokunststoffe aber in Vergessenheit geraten. Ende des 19.Jahrhunderts wurden Knöpfe und Besteckgriffe, Kämme und Leitungsisolierungen daraus hergestellt. In den fünfziger Jahren verdrängten aus Erdöl hergestellte Kunststoffe die bereits bekannten Biokunststoffe. Erdöl wird immer knapper und teurer. Auch aus Gründen der Nachhaltigkeit wird nach alternativen Kunststoffen geforscht – aus Mais und Raps und warum nicht auch aus Milch? Von der gesamten Milch, die in Deutschland jährlich produziert wird, können etwa 20 Prozent aus unterschiedlichen Gründen nicht für die Lebensmittelproduktion verwenden werden. Eine Verarbeitung zu Kunststoffen oder Kunstfasern wäre durchaus denkbar. Und reizvoll wäre es doch auch, Kleidung zu tragen, deren Fasern die altmodische Erdölchemie hinter sich gelassen haben.

Dr. Christina Oßwald