Zwei Facetten der Diktatur
Am Montag, den 22.4.2024, besuchten wir, die 9. Jahrgangsstufe, die KZ-Gedenkstätte in Flossenbürg. Das dortige Lager war ein Arbeitslager mit Steinbruch, in dem der Granit für die Prachtbauten der Nazis abgebaut wurde. Bei der Ankunft waren wir überrascht zu sehen, dass das frühere KZ inmitten einer kleinen Siedlung liegt. Aufgrund des großen Unterkünftemangels nach dem Krieg, vor allem mit Ankunft der Ostflüchtlinge, wurde nach 1945 jeder Platz benötigt, auch die Baracken im gerade befreiten KZ. Dadurch wurde auch langsam die Siedlung gebaut, doch zur Zeit des Nationalsozialismus existierte sie noch nicht.
Bei der Führung lernten wir mehr über einzelne Opfer des KZs, besichtigen die noch stehenden Gebäude wie z. B. Waschräume und Krematorium, und uns wurde erklärt, dass die Überlebenden ihr Überleben angesichts der Schwerstarbeit und der Willkür der Wachmannschaften häufig dem Zufall verdankten. Alles in allem äußerte jedoch eine Mehrzahl der Schüler, dass die geringe Anzahl der erhaltenen Gebäude es ihnen schwermachte, sich vorzustellen, welche Gräueltaten dort einst verübt wurden.
Im Anschluss fuhren wir zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, wo ein Großteil des in Flossenbürg abgebauten Granit verbaut worden war. Wir besichtigten das Zeppelinfeld für die gigantischen Propagandaveranstaltungen und die Große Straße, gebaut aus den unterschiedlich gefärbten, kongruenten Platten, die die Orientierung bei Militärparaden ermöglichten, da sie genau zwei Stechschritte lang sind. Diese Prachtallee wurde bei Kriegsende von den Amerikanern sofort zur Landebahn umfunktioniert. Außerdem sahen wir, dass die Bauten wie etwa die Kongresshalle nur außen mit Granit verkleidet sind und sonst aus Backsteinen bestehen.
Das Gelände war das reinste Propagandaparadies für die Nationalsozialisten, doch es zeigt auch den Größenwahnsinn der Nazis und widerlegt das Gerücht, alles sei perfekt geplant gewesen, da Gebäude in Planung waren, deren Fertigstellung niemals absehbar war. Die prachtvollen Bauwerke sind nur so lange eindrucksvoll, bis man sich daran erinnert, wo und unter welchen Bedingungen der benötigte Granit abgebaut wurde. So haben wir an diesem Tag zwei völlig verschiedene, aber nicht voneinander trennbare Facetten des 3. Reiches kennen gelernt.
D. S.